Humasana hat ein Interview mit Ines Hommels, Frauenheilkundlerin aus Hamburg, geführt. Von PMS über Post-Pill-Themen bis Kinderwunsch - Patientinnen wenden sich mit ganz verschiedenen Fragen und Beschwerden an Frau Hommels, um sich beraten zu lassen. Im folgenden Interview möchten wir uns etwas genauer über Fruchtbarkeit, Kinderwunsch und die Wirkung der Pille unterhalten.
Zunächst würden wir gerne mehr über Ihren beruflichen Werdegang erfahren. Was hat Sie dazu bewegt, sich auf Frauenheilkunde zu spezialisieren?
Ich bin auf dem Land aufgewachsen und wir haben uns bei kleinen Beschwerden immer schon naturnah geholfen. Als ich später selbst Mutter geworden bin, habe ich angefangen, mich noch mehr über natürliche Medizin zu informieren. Bei der Suche nach sanften Alternativen für mein Kind habe ich auch mein generelles Interesse für die Naturheilkunde weiterentwickelt. Und so stand der Entschluss, Heilpraktikerin zu werden, schnell fest. Besonders spannend fand ich, neben dem weiblichen Hormonsystem, auch die Gendermedizin. Bei der Gendermedizin werden in die Betrachtung von Krankheiten und Medikamentierung die physiologischen Unterschiede von Mann und Frau mit einbezogen. Bei Frauen wirken manche Medikamente beispielsweise stärker als bei Männern, oder umgekehrt. Und sogar die einzelnen Zyklusphasen haben einen Einfluss. Auch das weibliche Immunsystem weist Besonderheiten auf. Kurz gesagt: Ich finde den weiblichen Körper einfach unglaublich spannend und komplex und deswegen habe ich zusätzlich eine Ausbildung zur Fachtherapeutin für natürliche Frauenheilkunde gemacht und mich ausschließlich auf Frauenheilkunde spezialisiert.
Was sind die häufigsten Beschwerden, mit denen Ihre Patientinnen Sie aufgesucht haben?
Häufig sind es Menstruationsstörungen, die Frauen in die Naturheilpraxis führen. Dazu gehören PMS, sehr schmerzhafte Perioden oder auch zu lange oder zu kurze, bis hin zu ganz ausbleibenden Zyklen. Oft haben die Frauen einen langen Leidensweg hinter sich und leben mit massiven Einschränkungen. Auch bei chronischen Krankheitsbildern sucht Frau oft Hilfe aus der Natur. Spezialisiert bin ich auf die Wirkung der Pille und das Post-Pill-Syndrom (das sind Beschwerden nach dem Absetzen der Pille), das PCO-Syndrom (einer gerade nach dem Absetzen der Pille häufig diagnostizierten Störung) und unerfüllten Kinderwunsch.
Welche Wirkung hat die Pille eigentlich auf unser Hormonsystem?
Das weibliche Hormonsystem ist sehr komplex. Die Hypophyse im Gehirn misst die Hormonkonzentration in unserem Körper und steuert zentral die Ausschüttung unserer Hormone. Die Pille ist ein Medikament mit einer hormonähnlichen Wirkung in hoher Dosierung. Sie flutet unseren Körper mit ihren Wirkstoffen, was die Hypophyse dazu bewegt, die eigene Steuerung weitestgehend einzustellen. Unsere eigene Hormonproduktion geht praktisch in den Winterschlaf. Durch die Einnahmepause nach 21 Tagen hat Frau den Eindruck, dass sie trotzdem normal menstruiert. Das hat bei der Einführung der Pille die Akzeptanz deutlich erhöht. Die Pause hat aber auch den Vorteil, dass Frau für 7 Tage keinen künstlichen Hormonen ausgesetzt ist, was bei vielen Frauen die Nebenwirkungen der Pille reduziert.
Welche Nebenwirkungen kann die Pille hervorrufen?
Die Liste ist lang: Es gibt bedrohliche Nebenwirkungen, die zum Glück selten sind, wie zum Beispiel Thromboserisiko, Durchblutungsstörungen, Herzinfarkt und Schlaganfall. Auch Schilddrüsenprobleme können auftreten. Und dann gibt es die Nebenwirkungen, die medizinisch oft nicht so ernst genommen werden, aber Frau wirklich enorm belasten können, wie beispielsweise Kopfschmerzen, Blutungsstörungen, Gewichtszunahme, Blähbauch, Übelkeit und so weiter. Für die meist jungen Frauen am schlimmsten sind die nicht so greifbaren Nebenwirkungen wie sexuelle Unlust und/oder psychische Beeinträchtigungen wie Traurigkeit, Stimmungsschwankungen, das Gefühl, „nicht mehr ich selbst zu sein“. Häufig habe ich auch gehört, dass es sich so anfühlt, als würde man unter einer Glocke sitzen.
Wie kann der Körper nach dem Absetzen der Pille wieder in ein Gleichgewicht gebracht werden?
Da empfehle ich verschiedene Behandlungsschritte. Als Erstes sollte eine Leberreinigung durchgeführt werden, da die Leber durch die Einnahme der Pille meist stark belastet ist. Hilfreich sind zum Beispiel Leberwickel, Heilpflanzen oder eine ayurvedische Ernährung. Die Leber entlasten wir auch, indem wir auf Zucker verzichten, keine raffinieren Produkte essen, Bitterstoffe in die Nahrung einbauen und uns so naturnah wie möglich ernähren. Die Leber baut übrigens nicht nur Medikamente ab, sondern spielt auch im Hormonsystem eine große Rolle.
Mein zweiter Tipp ist, Geduld und Ruhe zu bewahren. Es ist völlig normal, dass der Körper erstmal ein bisschen Zeit braucht, um sich wieder einzupendeln und die Arbeit wieder aufzunehmen.
Als Drittes plädiere ich dafür, eine gewisse Sensibilität für den eigenen Körper zu entwickeln. Am besten, indem man seinen Körper einfach beobachtet. Frauen, die schon menstruieren, können beobachten, in welcher Phase sie sind: Den Eisprung kann man zum Beispiel durch eine erhöhte Temperatur oder die Veränderung des Cervix Schleims erkennen. Außerdem fühlt man sich oft energiegeladener und wohler in seiner eigenen Haut. Während des Zyklus verändert sich die Stimmung und der Appetit kann variieren. Gerade in der Woche vor der Menstruation haben viele Frauen mehr Hunger oder fühlen sich nicht so leistungsfähig. Auch Frauen, die noch nicht oder sehr unregelmäßig menstruieren, können durch Aufmerksamkeit meist Veränderungen ihres Körpers beobachten. Hier gilt: auch kleine Schritte sind Schritte!
Und sollte die Zeit doch nicht alle Wunden heilen, kann ich jede Frau nur ermutigen, sich Hilfe bei erfahrenen Therapeuten zu suchen. Glücklicherweise gibt es mittlerweile ein gutes Netzwerk an Frauenheilkundlerinnen, die natürlich arbeiten. Hilfreich kann ein Vitamin- und Mineralstoffcheck sein: oft sind B-Vitamine und Omega 3 Säuren im Mangel. Auch ein Check der Schilddrüse empfiehlt sich. Für die die sanfte Stimulation des Hormonsystems empfehle ich den Einsatz von bewährten Heilkräutern. Auch aus dem Reich anthroposophischen Medizin gibt es viele hilfreiche Medikamente. Es gibt so viele Wege, den Körper zu stimulieren.
Welche Tipps geben Sie Frauen, die an PMS leiden?
Unter dem Sammelbegriff PMS verbergen sich eine Vielzahl an Symptomen, die Frauen die „Tage vor den Tagen“ sehr schwer machen können. Dazu gehören beispielsweise Stimmungsschwankungen, Wassereinlagerungen, Kopfschmerzen, Krämpfe, Müdigkeit, Heißhungerattacken. Frauen mit Heißhungerattacken und Kopfschmerzen profitieren oft von einer ballaststoffreichen, zuckerarmen Ernährung vor der Menstruation. Sind die Stimmungsschwankungen vorherrschend, ist oft sanfter Sport ein Mittel zur Linderung. Eigentlich alle Frauen profitieren davon, wenn sie es in dieser Zeit ruhiger angehen lassen, auf eine gute Versorgung mit B-Vitaminen und Omega 3 Säuren achten und den Bauchraum mit angenehmer Wärme (Körnerkissen oder Wärmflasche) versorgen. Dazu gibt es noch eine Vielzahl an Heilpflanzen, die in dieser Zeit unterstützen können. Eine meiner Lieblingspflanzen kann hier zum Einsatz kommen: der Frauenmantel als Teeaufguss. Auch Mönchspfeffer kann hilfreich sein. Das sind aber nur 2 von circa 100 Heilpflanzen, die speziell in der weiblichen Naturheilkunde eingesetzt werden. Auch hier empfiehlt es sich, sich zu informieren und professionellen Rat zu suchen.
Wie können Frauen ihre Fruchtbarkeit nach dem Absetzen der Pille steigern?
Wichtig ist es erstmal, gute Grundvoraussetzungen zu schaffen. Dabei spielen eine gute Versorgung mit Vitaminen und Mineralstoffen und die Einnahme von Folsäure eine Rolle. Auch die Schilddrüse hat einen großen Einfluss auf die Fruchtbarkeit. Es empfiehlt sich, den TSH Wert prüfen zu lassen.
Ich empfehle auch, vor dem Kinderwunsch eine Stoffwechselkur zu machen. In der chinesischen Medizin nennt man das „den Palast des Kindes reinigen“. Ich finde allein die Vorstellung, es meinem zukünftigen Kind schönzumachen, großartig. Der Möglichkeiten gibt es viele: wie zum Beispiel eine Kur aus Frischpflanzensäften oder eine ayurvedische Reinigungskur. Frauen mit Vorerkranken sollten sich hier auf jeden Fall fachkundig beraten lassen.
Um schwanger zu werden, ist ein Eisprung einfach unerlässlich. Deshalb sollte Frau auf die Zeichen ihres Körpers achten. Habe ich einen Eisprung und wenn ja, wann? Auch ein Basalthermometer kann Frau hier unterstützen. Um dem Ei auf die Sprünge zu helfen, können auch hier wieder Heilpflanzen eingesetzt werden. Es gibt sogenannte Hochzeitskräuter, die Frauen schon früher in den Brautstrauß gesteckt wurden, um die Fruchtbarkeit zu steigern – zum Beispiel das echte Eisenkraut oder Storchschnabelkraut. Auch Frauenmantel und Rosmarin können helfen.
Neben einem guten Eisprung ist auch eine gute Versorgung mit Progesteron in der 2. Zyklusphase entscheidend. Auch hier gibt es viele Heilpflanzen und Komplexmittel, die den Progesteronspiegel anheben.
Und sollte es doch nicht ganz so schnell klappen ist es wichtig zu wissen, dass Frau nur zu einem Drittel für das Gelingen einer Schwangerschaft „verantwortlich“ ist. Zu einem weiteren Drittel liegen die Ursachen beim Mann und bei ca. 33 % der Paare ist keine körperliche Ursache zu finden. Hier kann es dann hilfreich sein, auch mal auf beiden Seiten mögliche seelische Blockaden zu betrachten.
Und dann möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass bei allen naturheilkundlichen Ansätzen, auch die Fortpflanzungsmedizin große Schritte gemacht hat. Für viele Paare ist auch das ein guter Weg.
Haben Sie noch etwas, das Sie gerne mit unseren Lesern teilen würden?
Ja! Höre auf deinen Körper. Mit ein bisschen Übung und Achtsamkeit spürst du meist am besten, was gut und richtig für dich ist. Suche dir Therapeuten und Ärzte, die auf dich eingehen, mit dir auf Augenhöhe kommunizieren und dir auch sympathisch sind. Schrecke nicht davor zurück, auch mal zu wechseln und dir eine Zweit- oder Drittmeinung einzuholen. Rede offen mit deinen Vertrauensmenschen. Du wirst erstaunt sein, dass viele unter den gleichen Dingen leiden und nicht darüber sprechen. Du bist nicht allein. Sei mutig, achte auf dich und deinen Körper und suche dir Unterstützung in Menschen, die dich auf deinem Weg gut und sicher begleiten.